Flussportraits
Die Murg
Die Murg – Vereinzelte Widerstände hemmen das große Potenzial
Lage und Eigenart der Murg
.Die Murg erstreckt sich im nach ihr genannten Murgtal über eine Länge von ungefähr 80 Kilometern, beginnend von ihrer Quelle im Gebiet Schliffkopf-Ruhestein mit einer Gipfelhöhe von 1.056 Metern über dem Meeresspiegel bis zu ihrer Mündung in den Rhein bei Rastatt. Dort hat die Murg einen mittleren Abfluss von etwa 18 m³/s. Eine klare Unterteilung in Oberlauf, Mittellauf und Unterlauf gestaltet sich schwierig, da der Gefälleverlauf durch ein 18 km langes, steiles Kerbtal geprägt ist, das sich an den etwa 30 km langen, flacheren Oberlauf anschließt.
Zwischen Weisenbach und Forbach – größtenteils für den vorbeifahrenden Autofahrer verborgen – liegt dieser besondere Abschnitt der Murg. Tief eingebettet in natürliche Felszüge und schroffe Abhänge gleicht der Fluss hier einem Naturparadies. Die Gewässerstrukturen in dieser Kernzone der historischen Lachsverbreitung sind nahezu ursprünglich geblieben; auch die Wasserqualität ist dort heute wieder gut.
Unterhalb des Kerbtals wird das Gefälle ab Weisenbach wieder geringer. Das Tal weitet sich dann ab Rotenfels deutlich und geht in die Rheinebene über.
Ähnlich wie nahezu alle größeren Oberrheinzuflüsse im heutigen Baden-Württemberg wurde auch die Murg, wegen der bei starken Hochwasserabflüssen auftretenden Schäden, seit Beginn des 19. Jahrhunderts stark ausgebaut. Sie verläuft heute unterhalb Gernsbach auf einer Strecke von ca. 19 km in einem Doppeltrapezprofil mit Mittelwasserbett, grasbewachsenen Vorländern und Hochwasserschutzdeichen. Dennoch hat sich eine vielfältige Gewässersohle erhalten, die wichtige ökologische Funktionen einnimmt.
Das Lachswiederansiedlungsgebiet reicht von der Murgmündung ausgehend, 64 km flussaufwärts bis zum Zufluss des Forbachs in Baiersbronn. Zusätzlich gehören noch 3 km des südlich von Gernsbach in die Murg mündenden Reichenbachs zum Programmgebiet. Auch die ursprünglich zum Murgsystem zählende, aber heute über den Sandbach abfließende Oos wurde unterhalb der Grobbachmündung in Baden Baden auf einer Länge von 7 km als Lachswiederansiedlungsgebiet ausgewiesen.
Potenzial für Wanderfische
Ursprünglich zogen Lachse in großer Stückzahl in die Murg. In einer historischen Quelle wird vermutet, dass dort noch im Jahr 1875 mehr als 1000 Lachse gelaicht haben. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts brach der Bestand in der Folge des enormen industriellen Aufschwungs im Murgtal rasch zusammen. Die letzten historischen Lachsnachweise aus der Murg stammen aus dem Jahr 1927.
Bis zum Oberndorfer Wehr ist die Murg heute überwiegend Wanderkorridor für Wanderfische und Lebensraum für Fluss- und Meerneunaugen. Flussaufwärts von Kuppenheim bis Weisenbach liegen erste bedeutende Lebensräume und Jungfischhabitate für Lachse. Ab Weisenbach beginnt das zentrale Lachsgebiet mit den historisch überlieferten besonderen Potenzialen für Lachse. Diese Kernzone der Wiederansiedlung reicht bis etwa zur Schönmünz. Flussaufwärts Schönmünzach bis zum Ende der Programmstrecke in Baiersbronn erstreckt sich ein Abschnitt, in dem zusätzliche bedeutende Lebensraumpotenziale bestehen. Insgesamt weist die Murg ein herausragendes großes Potenzial für die Etablierung des Atlantischen Lachses in Baden-Württemberg auf.
Erreichte Verbesserungen
Um das große Potenzial der Murg zu reaktivieren, werden seit dem Jahr 2004 enorme Anstrengungen unternommen. Besondere Herausforderungen bestanden in der Wiederherstellung der flussaufwärts und abwärts gerichteten Durchwanderbarkeit an ursprünglich 34 Querbauwerken sowie in der Festlegung ausreichender Mindestabflüsse für die Ausleitungsstrecken der 26 Wasserkraftwerke.
Heute sind die Kraftwerkstandorte bis auf wenige Anlagen saniert. Für den Fischaufstieg und Fischabstieg wurden in vielen Fällen vorbildliche Anlagen gebaut. Besondere technische Herausforderungen bestanden an der 10,5 m hohen Staumauer des Niederdruckwerks in Forbach und am 17 m hohen Wehr in Kirschbaumwasen. Die Lösung bestand an beiden Standorten im Bau von Fischliften. Während der Lift in Forbach seit 2022 erfolgreich in Betrieb ist, steht die Anlage in Kirschbaumwasen kurz vor der Fertigstellung.
Bis vor wenigen Jahren lagen gerade die besonders wertvollen Strecken im Kerbtal durch die Ausleitungen von einigen Wasserkraftanlagen jährlich an vielen Tagen vollständig trocken. Mit der Abgabe ökologisch angemessener Mindestabflüsse wurden diese Bereiche revitalisiert. In der Folge zeigt sich eine beeindruckende Erholung des Fischbestandes.
Welche Fische schwimmen hier?
Lachs, Meerforelle, Fluss- und Meerneunauge wandern wieder jährlich in die Murg ein und pflanzen sich hier fort. Bisher wurden aufwandernde Lachse bis nach Gernsbach nachgewiesen. Heute fehlen in der Murg aus dem ursprünglichen Spektrum von insgesamt 32 Arten nur aktuelle Nachweise des Maifisches.
Was ist zu tun?
Die Reaktivierung des großen Potenzials der Murg als Lachslebensraum für Lachse wird zur Zeit noch durch die Widerstände einzelner Kraftwerksbetreiber gehemmt. Damit die besonders hochwertigen Flussabschnitte im Kerbtal nutzbar werden, sind Maßnahmen an fünf Wasserkraftwerken im Landkreis Rastatt dringend notwendig. Flussaufwärts des Kerbtals sind noch vier Anlagen umzurüsten.
Hier stockt es!
Die Betreiber der Wasserkraftanlagen “Hettler” im Gewerbekanal Rastatt, “Brückenmühle” und “Schlossmühle” in Gernsbach sowie “Wolfsheck” und Fa. “J.F.Dorn” in Forbach haben bisher noch keine ökologischen Sanierungen ihrer Kraftwerke vorgenommen. An allen fünf Kraftwerken fehlen Fischaufstiegs- und Fischabstiegsanlagen nach dem Stand der Technik. Zusätzlich geben die Betreiber der Standorte “Brückenmühle”, “Schlossmühle” und “J.F.Dorn” bisher keine Mindestabflüsse in das von ihnen ausgeleitete Flussbett ab.
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