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Wiese

Die Wiese entspringt am Feldberg im Schwarzwald und mündet nach einem ca. 55 km langen Flusslauf in Basel in den Hochrhein. Sie hat an ihrer Mündung ein mittlere Wasserführung von 11,8 m³/s. Bedeutendster Zufluss ist die in den Mittellauf bei Maulburg mündende Kleine Wiese.

Großer früherer Fischreichtum

In historischen Quellen wird die Wiese als außergewöhnlich fischreiches Gewässer beschrieben. Der Aufstieg der noch zur Mitte des 19. Jahrhunderts bis in den Bereich Schopfheim zahlreich auftretenden Lachse wurde in den folgenden Jahrzehnten durch den Ausbau und die Neuerrichtung von Wehren auf den Unterlauf beschränkt. Er blieb aber bedeutend und kam erst zum Erliegen als im Jahr 1932 im Rhein unterhalb der Wiesemündung das Wehr bei Märkt fertiggestellt wurde. Als dieses Wehr im 2. Weltkrieg teilweise zerstört wurde, stiegen bis zu seinem Neuaufbau wieder Lachse in die Wiese auf.

Gewässerstruktur und Potenzial für Wanderfische

Ähnlich wie nahezu alle größeren Oberrheinzuflüsse im heutigen Baden-Württem­berg, wurde die Wiese seit Beginn des 19. Jahrhunderts stark ausgebaut. Die im Doppel­trapez­profil mit Mittel­wasserbett grasbewachsenen Vorländern und Hochwasser­schutz­deichen gestalteten Abschnitte beginnen oberhalb Steinen und erstrecken sich bis zur Mündung der Wiese in den Rhein. Auch oberhalb Steinen ist die Wiese zum großen Teil ausgebaut, jedoch sind dort in deutlich größerem Umfang strukturell höherwertige, als Lachslaich- und Jungfischhabitate geeignete Bereiche vorhanden. Die Kleine Wiese ist deutlich naturnäher als das Hauptgewässer. Sie weist zumindest bis in den Bereich Tegernau geeignete Habitate und Abflussverhältnisse auf.

Auch im stark ausgebauten unteren Abschnitt der Wiese pflanzen sich heute in einigen Bereichen anspruchsvolle Fischarten fort. Hierzu zählt die Äsche, die ähnliche Ansprüche an ihren Lebensraum stellt wie der Atlantische Lachs. Daher kann auch für die ausgebaute Wiese von einem bedeutenden Potenzial für die Lachs­wiederansiedlung ausgegangen werden.

Aufgrund von Monitoringuntersuchungen in anderen Programmgewässern sind die Charakteristika gut geeigneter Strecken bekannt. Ein Vergleich der Gewässersysteme ergab, dass in der Wiese und in der Kleinen Wiese bedeutende Potenziale für die Lachswiederansiedlung vorhanden sind. Auch im Steinenbach, dem zweitgrößten Zufluss der Wiese, können gut geeignete Laich- und Jungfischhabitate für den Lachs geschaffen oder erschlossen werden. Naturnahe Gewässerstrukturen sind oberhalb Steinen und in den beiden Quellgewässern des Steinenbachs (Klosterbach und Schwammerich) bereits aktuell vorhanden. Ein bedeutender Vorzug des Steinenbachs für die Lachswieder­ansied­lung besteht im Fehlen einer Abwanderungsproblematik. Aus diesem Gewässersystem können abwärts wandernde Fische ohne Gefährdung durch installierte Wasserkraftanlagen den unteren Mittellauf der Wiese erreichen.

Die Ausdehnung des baden-württembergischen Programmgebietes im Wiesesystem wurde nach Vergleichen mit der Gewässerstruktur im detailliert untersuchten Kinzigsystem definiert. Das Programmgebiet erstreckt sich in der Wiese von der schweizerisch/deutschen Grenze gewässeraufwärts bis zur Eisenbahnbrücke am unteren Ortsrand von Zell. Zusätzlich schließt das Gebiet die Kleine Wiese bis auf Höhe von Tegernau und die Kohlgartenwiese bis zur Mündung des Schwanderbachs ein. Auch der Steinenbach ist Teil des Wiederansiedlungsgebietes.

Ökologische Verbesserungen – Start in der Schweiz

Auf schweizerischem Staatsgebiet wurde ab 1994 ein ca. 600 m langer Flussabschnitt im Unterlauf der Wiese ("Lange Erlen") revitalisiert. Hierdurch konnten geeignete potenzielle Lachslaichplätze und Jungfischhabitate hergestellt werden. Weitere Verbesserungen der Gewässerstruktur sind vorgesehen. Der Erfolg der bisherigen Maßnahmen belegt, dass auch im angrenzenden baden-württembergischen Abschnitt der Wiese ähnliche Maßnahmen sinnvoll sind.

Auch in Baden-Württemberg wird seit einigen Jahren mit Nachdruck an der ökologischen Aufwertung des Wiesesystems gearbeitet. Bei der Herstellung der Durchwanderbarkeit konnten bis zum Jahresende 2011 mit dem Bau von 10 Aufstiegs- und 4 Fischabstiegsanlagen große Fortschritte erzielt werden. Im Jahr 2010 wurde mit dem "Weiler Wehr" das unterste auf baden-württembergischem Gebiet liegende Querbauwerk durchgängig gestaltet. Zusätzlich sind weitere Fischpässe und Renaturierungs­maß­nahmen vorgesehen.

Das Lachsprogramm in der Wiese

Die Wiederansiedlung des Lachses in der Wiese wird sowohl auf dem Gebiet der Schweiz als auch in Baden-Württemberg angestrebt. Das schweizerische Wieder­ansied­lungs­programm ist deutlich weiter fortgeschritten.

Bereits im Jahr 1983 wurde auf Schweizer Staatsgebiet durch die Kantonale Fischereiverwaltung eine Lachsaufzuchtstation im Bereich "Lange Erlen" in Betrieb genommen und die Junglachse in die untere Wiese entlassen. Leider blieben damals Rückkehrer bis in die Schweiz wegen der fehlenden Durchgängigkeit des Rheins aus. Allerdings wurde durch diese Aktionen, die ein großes Interesse in der Bevölkerung fanden, der Gedanke der Lachswiederansiedlung im Rheinsystem eingeführt und später von der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) mit dem Programm „Lachs 2000“ übernommen.

Im Auftrag des schweizerischen Bundesamtes für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) wurde bereits im Jahr 1994 eine erste Potenzialstudie angefertigt Diese Untersuchung wurde im Jahr 2004 auf den aktuellen Stand gebracht und präzisiert (Becker & Rey 2005). In der aktuellen  Studie wird deutlich hervorgehoben, dass eine enge Zusammenarbeit mit Baden-Württemberg für den Erfolg des Wieder­ansiedlungs­programms in der Wiese unverzichtbar ist, da die potenziellen Laich- und Jungfischhabitate im Schweizer Wieseabschnitt für den Erhalt einer eigenständigen Population nicht ausreichen würden.

In internationaler Zusammenarbeit wurden vor einigen Jahren im Oberrhein gefangene Meerforellen im Raum Basel eingesetzt und deren weitere Wanderungsbewegungen telemetrisch verfolgt. Hierbei wurde angenommen, dass Meer­forellen ähnliche Habitatpräferenzen wie Atlantische Lachse haben. Die Studie zeigte, dass im Rhein eingesetzte Tiere auch in die Wiese einwanderten.

Seit 2006 werden in geeigneten Gewässerstrecken erste Besatzmaßnahmen mit Lachsbrütlingen durchgeführt. Die bisher durchgeführten Kontrolluntersuchungen bestätigten eine sehr gute Eignung der Jungfischlebensräume.

Für den Wiederaufbau eines Lachsbestandes in der Wiese müssen noch einige Voraussetzungen im Gewässersystem erfüllt werden. Vordringlich sind die vollständige Herstellung der gewässeraufwärts und abwärts gerichteten Durchwanderbareit und die Festlegung ausreichender Mindestabflüsse in den Ausleitungsstrecken der Kleinkraftwerke.

Eine weitere unabdingbare Voraussetzung für den Erfolg des Wiederansiedlungsprogramms ist die Erreichbarkeit der Wiese für im Rhein aufsteigende Fische. Nachdem die vier untersten Rheinstaustufen Iffezheim, Gambsheim, Straßburg und Gerstheim mit Fischwegen ausgestattet wurden und auch das unterhalb der Wiesemündung liegende Stauwehr bei Märkt/Kembs einen neuen Fischpass erhalten hat, fehlen zur Anbindung der Wiese noch Aufstiegsanlagen an den zwei Rheinkraftwerken Rhinau und Marckolsheim sowie eine Fischüberleitung vom Kraftwerk Vogelgrün in den Alten Rhein (Restrhein).

Die politische Entscheidung zur Herstellung der Durchgängigkeit des Rheins bis Basel wurde im Oktober 2007 durch die 14. Rheinministerkonferenz in Bonn erneut bekräftigt. Eine im Auftrag der IKSR erarbeitete Machbarkeitsstudie zeigt die Realisierbarkeit der erforderlichen Bauwerke auf.

Trotz der noch fehlenden Aufstiegsanlagen im Rhein wurde im Herbst 2008 erstmals seit 50 Jahren wieder ein Lachs in Basel gefangen, der offensichtlich durch die vorhandenen Schiffsschleusen aufwärts gewandert war. Im Frühjahr 2012 wurden oberhalb von Basel, am Hochrhreinkraftwerk Rheinfelden, zwei weitere zurückgekehrte Lachse festgestellt. Diese erfreulichen Nachweise lassen erwarten, dass nach dem Bau der nötigen Fischpässe auch wieder Lachse in die Wiese aufsteigen werden.